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Nach einem halben Jahr Verhandlungsdauer haben die
kurdischen Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl dem Angebot des nordrhein-
westfälischen Innenministerium zugestimmt, erneut als Einzelfälle
geprüft zu werden. Damit ist weder ein Bleiberecht für alle 400 garantiert,
noch das Ende des Wanderkirchenasyls eingeleitet, so das Kölner Netzwerk
"Kein Mensch ist illegal".
Nach Angaben des Netzwerks unterscheiden sich die neuerlichen
Einzelfallprüfungen formal überhaupt nicht von den
herkömmlichen Prüfungen, die die meisten der Flüchtlinge schon
einmal über sich ergehen lassen mußten. Dieses Angebot setze die Kurden
"der Willkür der jeweiligen Ausländerbehörden" aus,
heißt es in einer Stellungnahme von "Kein Mensch ist illegal".
Zudem werden nur die zuletzt in NRW gemeldeten Flüchtlinge dieser Prozedur
unterzogen, in der sie detailliert ihre Fluchtgründe benennen müssen. Die
Ausländerbehörden, die eine Anweisung des Innenministeriums erhalten
haben, entscheiden anschließend über die "Asylrelevanz" der
vorgebrachten Gründe. "Die Einzelfallauslese durch die nordrhein-
westfälischen Ausländerämter - hier müssen wir keine
Propheten bemühen - wird viel zu viele ohne Schutz und Bleiberecht
lassen", resümiert "Kein Mensch ist illegal" seine bisherigen
Erfahrungen.
Ein großer Teil der Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl kann sich selbst an
diesem dünnen Strohhalm nicht festhalten: Knapp ein Drittel der Kurden war
zuletzt nicht in NRW gemeldet. In einem Brief des Düsseldorfer Innenministers
stellt dieser seinen Amtskollegen in den anderen Bundesländern lediglich eine
ähnliche Prüfung "anheim".
Im vergangenen Herbst hatten die Flüchtlinge das Angebot des nordrhein-
westfälischen Innenministeriums noch abgelehnt. Daß sie es nun
angenommen haben, ist vor allem der "zermürbenden
Hinhaltetaktik" des Innenministerium zu verdanken, erklären 38
Prominente, unter ihnen Beate Klarsfeld und Günter Grass, in einer
Anzeigenkampagne. Auch die Ausländerbehörden ließen kaum eine
Gelegenheit aus, die seit Januar 1998 im Rhythmus von mehreren Wochen von
Gemeinde zu Gemeinde ziehenden Flüchtlinge mit Verhaftungen und
Abschiebedrohungen zu verunsichern und unter Druck zu setzen.
Die Leitung der evangelischen Kirche im Rheinland trug nach Angaben des Netzwerks
ebenfalls zum Scheitern der Forderung nach Abschiebestopp und selbst einer
Gruppenlösung für alle am Wanderkirchenasyl beteiligten Kurden bei.
Andernfalls hätte eine reale Möglichkeit bestanden, das Innenministerium
zu einer Lösung zu bewegen. Denn nach §54 des Ausländergesetzes
besteht für die Landesinnenminister die Möglichkeit, einen Abschiebestop
zu verhängen. Die Kirchenleitung riet jedoch den zahlreichen Kräften aus
dem kirchlich orientierten Spektrum der Flüchtlingshilfe von der
Unterstützung des Wanderkirchenasyls ab und unterstellte dem Kölner
Netzwerk eine "Instrumentalisierung" der Flüchtlinge für
politische Zwecke.
Schließlich haben auch grüne Landespolitiker nach der Bundestagswahl
ihre Unterstützung für die Forderungen der Kampagne aufgegeben und
stattdessen das Modell der erneuten "Einzelfallprüfung"
favorisiert.
Schon jetzt überlegen die Mitarbeiter von "Kein Mensch ist illegal",
wie sie weiterhin ein Bleiberecht für die Flüchtlinge durchsetzen
können, die durch die Einzelfallprüfung fallen werden. Auf die
Unterstützung der meisten der 80 Krichengemeinden können sie dabei
zählen: auch nach der "Verhandlungslösung" mit dem
Innenministerium beherbergen sie weiterhin die bis zu 30köpfigen Gruppen der
kurdischen Flüchtlinge, von denen sie keinen im Stich lassen wollen. Die
Aktivisten des Netzwerks wollen zudem darüber nachdenken, "wie
denjenigen Flüchtlingen geholfen werden soll, die - ermutigt durch das
Wanderkirchenasyl - jetzt vermehrt an die Kirchentüren klopfen.
Gerhard Klas