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Mit knapp hundert Teilnehmern war die Beteiligung
am der ersten bundesweiten Aktionskonferenz gegen den Kölner Doppelgipfel
am 6.Februar schlechter besucht, als von den Organisatoren des "Bündnis
99" erwartet. Am 3. und 4.Juni werden in der Domstadt der EU-Regierungsgipfel
und zwei Wochen später der G7-Gipfel tagen. Linke Gruppen und
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) planen Protest- und Widerstandsaktionen
gegen die Repräsentanten einer "Weltwirtschaft, die die materiellen
Existenzgrundlagen" der Mehrheit ihrer Bevölkerung zerstöre,
erklärte Werner Rätz, Mitarbeiter der Informationsstelle
Lateinamerika.
Die im "Bündnis 99" zusammengeschlossenen und ihm
nahestehenden Gruppen hatten in Köln Gelegenheit, ihre Projekte vorzustellen.
Starten wollten sie eigentlich mit einer Demonstration gegen den EU-Gipfel am 5.Juni.
Ursprünglich sollten die Regierungschefs der EU am 4. und 5.Juni, einem
Freitag und Samstag, tagen. Nachdem der demonstrationsfreundliche Samstag
für die Großmobilisierung gegen den Gipfel schon festgelegt war,
verkündeten Ende des letzten Jahres EU-Offizielle kurzerhand die Vorverlegung
des Termins um einen Tag. Das brachte das gesamte Demokonzept durcheinander,
denn nach dem offiziellen EU-Gipfel wollte niemand demonstrieren.
Die "Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit,
ungeschützte Beschäftigung, Ausgrenzung und Rassimus" starten
nun schon am 29.Mai mit einer europaweiten Großdemonstration. Denn ein
Termin mitten in der Woche hätte negative Auswirkungen auf eine
Mobilisierung im europäischen Ausland gehabt, so die Einschätzung.
Anschließend finden zwei Gegengipfel statt und auch am 3.Juni soll demonstriert
werden. Anläßlich des G7-Gipfels ist ebenfalls am 19.Juni eine
Demonstration und während des gesamten Wochenendes ein Alternativgipfel
geplant.
Vor allem zwei Aktionen heben sich von den herkömmlichen Protestformen ab:
der internationale Zusammenschluß "Peoples Global Action" plant
eine Karawane mit 500 indischen Bauern durch Europa, die zu beiden
Regierungstreffen vor Ort sein wird. Die EuroMärsche planen mehrere
Marschrouten durch Europa. Die Organisatoren gehen von insgesamt mehreren tausend
Teilnehmern aus, die sich von Brüssel, Prag, Athen und Palermo aus ab Mitte
Mai auf den Weg nach Köln zum Protest gegen den EU-Regierungsgipfel
machen werden.
Ein Sprecher der Aktionskonferenz verwies auf Planungen der Polizei, schon an den
Treffpunkten in den Abfahrtsorten zu den Demonstrationen in Köln angebliche
"Gewalttäter" festnehmen zu wollen. "Um eine
willkürliche Aufteilung in ‚gute und ‚schlechte Demonstranten
zu vermeiden, sollten sich in allen Städten Aktionskomitees bilden, die ihre
Protestaktionen in Köln gemeinsam vorbereiten", lautet der Rat an die
Konferenzteilnehmer.
Der Alternativgipfel zum G7-Treffen, der von Weltwirtschaft, Ökologie und
Entwicklung (WEED), Medico International, dem Bund für Naturschutz und
Umwelt, dem antirassistischen Netzwerk "Kein Mensch ist illegal", der
Informationsstelle Lateinamerika (ILA) und dem Netzwerk Friedenskooperative
für den 17. und 18.Juni vorbereitet wird, soll hochkarätig besetzt werden.
Nach Angaben des WEED-Sprechers Peter Wahl sind die Ökonomin Susan
George, Vandana Shiva aus Indien, der französische Soziologe Pierre Bourdieu
und der nigerianische Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka im
Gepräch.
Da es nicht möglich sei, "alle Phänomen und Auswirkungen zu
behandeln", hätten sich die vorbereitenden Gruppen auf drei Schwerpunkte
geeinigt, so Werner Rätz: Flucht und Migration, Erwerbslosigkeit und die
Weltwirtschaftsordnung als große Klammer sollen im Zentrum der Debatte
stehen.
Einige Kongreßteilnehmer kritisierten, daß weder auf der Demonstration,
noch auf dem Alternativkongreß zum G7-Gipfel die offizielle Teilnahme von
Organisationen aus den südostasiatischen Krisenregionen vorgesehen ist, wo die
globale Wirtschaftsordnung derzeit die tiefsten Spuren
hinterläßt.
Schließlich präsentierte sich die Erlaßjahrkampagne, die sich
für die verschuldeten Länder der Dritten Welt einsetzt. Sie ist zwar nicht
Bestandteil des Bündnis 99, will aber unter dem Motto "getrennt
marschieren, gemeinsam schlagen" mit dem Bündnis kooperieren. In
Anlehnung an den G7-Gipfel 1998 im britischen Birmingham wollen sie mit etwa
50000 Menschen das Konferenzgebäude der Regierungschefs umzingeln und
einen Schuldenerlaß für Drittweltländer fordern.
Gerhard Klas
Kontakt Bündnis 99: Fon (0221) 9520008, E-Mail:
<koeln99@gmx.net>l;.