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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.05 vom 04.03.1999, Seite 12

Schottlands neue Linkspartei

Laut Meinungsumfragen wollen 5 Prozent der Wahlberechtigten in Schottland "sehr wahrscheinlich" bei den im Mai erstmals stattfindenden Wahlen zu einem schottischen Regionalparlament die neugegründete Scottish Socialist Party (SSP) wählen, und sogar 16 Prozent könnten sich zumindest gut vorstellen, für diese Partei zu stimmen.
  Die SSP ging aus der Scottish Socialist Alliance (SSA) hervor, die 1996 als lockere Koalition linker Gruppen und Initiativen gebildet wurde. Ein großer Teil der Mitglieder der SSA gehörte zu Scottish Militant Labour, andere kamen aus der Labour-Linken, dem linken Flügel der Scottish National Party oder aus den traditionellen KPs. Nach einiger Zeit erfolgreicher gemeinsamer Arbeit der SSA im Rahmen politischer Kampagnen und zu Kommunalwahlen wurde bald deutlich, daß es möglich sein würde zu einer gemeinsamen Partei mit einem hohen Grad an politischer Übereinstimmung in bezug auf die unmittelbaren Aufgaben von Sozialisten in Schottland zu kommen.
  Nach einer über sechs Monate dauernden Debatte innerhalb der SSA und ihrer Bestandteile wurde schließlich die Bildung der neuen Scottish Socialist Party beschlossen. Ein Streitpunkt in der Debatte war vor allem der Charakter der künftigen Partei: "Wie können revolutionäre Marxisten in einer Partei mit Sozialisten koexistieren, die keine Revolutionäre sind?" lautete der Einwand von seiten der Socialist Workers Party (ihr deutscher Ableger ist die Gruppe "Linksruck") sowie der Führung der Socialist Party (früher Militant Labour).
  Dazu äußerte sich Alan McCombes, Mitglied der Leitung der SSP, in einem Interview mit der australischen Wochenzeitung Green Left Weekly: "In Schottland gibt es Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende Menschen, die mit dem Sozialismus sympathisieren, sich aber gegenwärtig nicht als Revolutionäre verstehen. In einer Zeit, in der der Klassenkampf auf einem Tiefpunkt angelangt war und sich sozialistische Ideen auf dem Rückzug befanden, glaubten wir, daß es wichtiger sei, für unser Projekt so viel Menschen wie möglich zu gewinnen, die das System ändern wollen. In der Zukunft können wir die genaue Taktik, die Strategie und die Methoden diskutieren, die nötig sind, den Sozialismus zu erreichen. Mit der Zeit, werden verschiedene Ideen in Diskussionen und Aktionen getestet werden, wenn konkrete Entscheidungen zu treffen sind. Doch es gibt eine breite Übereinstimmung darüber, den Kapitalismus in Frage zu stellen, sowie darüber, daß wir eine sozialistische Arbeiterpartei brauchen, die vollständig unabhängig vom Großkapital und seinen politischen Repräsentanten ist."
  Seit ihrer Gründung im Oktober 1998 ist die SSP hinsichtlich Mitgliederzahl und Einfluß rapide gewachsen. Mehrere Stadträte der Labour Party aus Glasgow sind der neuen Partei beigetreten, außerdem ein Europaabgeordneter von Labour sowie mehrere regionale Gewerkschaftsführer. Doch die meisten neuen Mitglieder waren vorher nicht politisch aktiv.
  Die Partei ist an einer Reihe lokaler wie landesweiter Kampagnen und Initiativen (bspw. gegen Sozialabbau, Umweltzerstörung, Wohnungsnot usw.) beteiligt. Dabei spielt die Tatsache, daß sie in mehreren Kommunalparlamenten vertreten ist, ebenso eine positive Rolle für ihre außerparlamentarische Basisarbeit, wie ihre Beteiligung an den sozialen Kämpfen der wesentliche Faktor für ihre bisherigen Wahlerfolge ist.
  Die SSP tritt für ein unabhängiges sozialistisches Schottland ein, ohne die Illusion zu hegen, innerhalb der Grenzen eines Landes, schon gar nicht eines so kleinen Landes wie Schottland, eine sozialistische Gesellschaft aufbauen zu können. "Wir glauben jedoch, daß ein unabhängiges, sozialistisches Schottland, das den Multis und dem globalen Kapitalismus die Stirn bietet, für junge Menschen und die Unterdrückten in der ganzen Welt eine Quelle der Inspiration sein kann, so wie Kuba, Vietnam und Nikaragua Symbole des Widerstands gewesen sind … Kein Land kann heute in einem Zustand der Quarantäne leben. Aus diesem Grund strebt die SSP nach engen Verbindungen mit Sozialisten auf der ganzen Welt", so Alan McCombes gegenüber Green Left Weekly.
 
  SSP-Webseite: <http:\\www.scotsocialistparty.org>l;.
 


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