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Mit einer Gedenkminute für Oskar Lafontaine wurde am 13./14.März der
Bundeskongreß des Grün-Alternativen Jugendbündnisses (GAJB) mit 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in
Bielefeld eingeleitet. Gerhard Klas sprach mit Andreas Gebhardt (23 Jahre), dem neuen Sprecher des GAJB-Bundesvorstands
und Mitglied der Grünen.
Du zählst dich zu dem linken Flügel innerhalb des GAJB. Wie ist euer Verhältnis zur Partei Bündnis 90/Die
Grünen?
Wir sind politisch und organisatorisch unabhängig. Wir verstehen uns zwar als grüner Jugendverband, haben aber
keine Zwangsmitgliedschaft wie beispielsweise die Jusos in der SPD. Beim GAJB sind einige dabei, die ihre Parteimitgliedschaft
bei den Grünen quittiert haben.
Wie drückt sich dieses Verhältnis politisch aus?
Bei uns gibt es ähnliche Machtkämpfe wie in der Altpartei. Obwohl wir weitaus weniger Mitglieder haben,
repräsentiert das GAJB allerdings ein inhaltliches Spektrum, daß breiter angelegt ist.
An welchen Punkten macht sich die Kritik des GAJB an der Partei fest?
Seit der Regierungskoalition geht es der Partei nur noch darum, sich in der Öffentlichkeit möglichst gut darzustellen.
Dabei rücken die Grünen politisch immer weiter nach rechts. Das wollen wir nicht mitmachen. Auf unserem
Kongreß haben wir Resolutionen verabschiedet, die der derzeitigen Politik der Bundesregierung entgegenstehen.
Werden diese Resolutionen die Grünen beeindrucken?
Wir haben zwei Mitglieder im Parteirat, den die Bündnisgrünen im Dezember neu eingeführt haben. Auf seiner
nächsten Sitzung hat der Parteirat das Thema "Jugend" angesetzt. Dort wollen wir deutlich machen, daß
die Parteijugend nicht, wie in der Öffentlichkeit häufig diskutiert, rechts von der Mutterpartei steht, sondern links von
ihr.
Was ist mit dem neoliberalen Flügel im GAJB passiert?
Auf dem Kongreß sind sie mit einem Kamerateam von Arte angerückt. Das war jedoch weniger am Kongreß
selbst, als vielmehr an einzelnen Personen interessiert, die aus eben jenem Spektrum des GAJB kamen. Inhaltlich haben sie sich
nicht durchsetzen können. Wir haben beispielsweise eine Resolution verabschiedet, die alle Militäreinsätze im
Kosovo kategorisch ablehnt. Damit ist für die nähere Zukunft entschieden, in welche Richtung das GAJB gehen
soll.
Wie will sich das GAJB verhalten, wenn sich die Regierungspartei der Grünen noch weiter nach rechts bewegt?
Das ist schwierig. Diejenigen, die heute noch immer bei den Grünen sind, haben natürlich eine hohe Schmerzgrenze,
was einen Rechtsruck in ihrer Partei angeht. Sie wollen allerdings nicht denen die Partei überlassen, die rechte Politik
machen. Unser Druckpotential ist jedoch nicht allzu groß - vielleicht wird es weitere Austritte geben. An einem Punkt
könnten wir sie eventuell packen: Derzeit halten sie das Thema "Jugend" sehr hoch, und das eröffnet uns
natürlich Spielräume. Wir kritisieren z.B. das Regierungsprogramm zur Jugendarbeitslosigkeit, das in unseren Augen
nicht viel mehr als eine reine PR-Veranstaltung ist.
Orientiert sich das GAJB auch auf andere, außerparlamentarische Politikansätze?
Wir beteiligen uns z.B. am "Bündnis 99", das die Aktivitäten gegen den EU- und Weltwirtschaftsgipfel im
Juni in Köln vorbereitet. Ansonsten sind an dieser Stelle noch die Initiative für mehr Demokratie und für
Volksentscheide zu erwähnen. Unsere Ortsgruppen beteiligen sich außerdem an Projekten, wie z.B. für ein
autonomes Zentrum in Köln.
Vor einigen Wochen hat sich der nordrhein-westfälische Landesvorstandssprecher der Grünen gerühmt, alle
autonomen und linksradikalen "Elemente" von vorne herein aus dem GAJB in NRW herausgehalten zu haben.
Reiner Priggen verwaltet den grünen Landesverband schon seit Jahren mit harter Hand. Vor einem Jahr ist es ihm gelungen,
den Landesvorstand mehrheitlich mit Vertretern des Realo-Flügels zu besetzen. Was er vor wenigen Wochen
anläßlich der Gründung des Landesverbands der GAJB behauptet hat, ist natürlich völliger Unsinn.
Viele, die sich dort betätigen, engagieren sich für eine offene Struktur. Mittlerweile dementiert Priggen seine
Aussage.
Gibt es im GAJB Strömungen, die eine klar antikapitalistische Haltung vertreten?
Es gibt viele Mitglieder mit einem antikapitalistischen Grundverständnis, das sich v.a. auf die bestehende
Weltwirtschaftsordnung bezieht. Über den internationalen Aspekt - Stichwort "Transnationale Konzerne" oder
MAI - begreifen viele, daß die globale Wirtschaftsordnung eine ungerechte ist. Das würde ich als antikapitalistische
Grundhaltung bezeichnen.