Sozialistische Zeitung

SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.06 vom 18.03.1999, Seite 2

Bei Banken und Versicherungen

Unternehmer provozieren

von HELMUT BORN

In den letzten Tagen und Wochen, nach den Abschlüssen im öffentlichen Dienst und bei Metall, rücken die Tarifauseinandersetzungen bei Banken und Versicherungen ins Interesse der Öffentlichkeit.
  Für viele bleibt unverständlich, warum ausgerechnet in diesen zwei bisher sehr gut verdienenden Branchen die Tarifrunde in Warnstreiks, Urabstimmungen und Streiks mündet. Was im notorisch defizitären öffentlichen Dienst möglich ist, müßte doch auch hier möglich sein, ist die weitverbreitete Meinung. Nun ist es aber nicht so, daß die beteiligten Gewerkschaften HBV und DAG ihre Forderungen so hochgeschraubt hätten, daß diese für die Unternehmer nicht verhandelbar wären. Die Forderungen bewegen sich vielmehr im Rahmen des in diesem Jahr üblichen (6 bis 6,5 Prozent).
  Aber wie so häufig in den sog. Dienstleistungsbranchen versuchen die Unternehmer, die Stimmung ihrer lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu testen. Die Versicherungsunternehmer nahmen die Steuerreform und die daraus folgenden Belastungen für die Versicherungswirtschaft zum Anlaß, die Verhandlungen platzen zu lassen.
  Bei den Banken verlangen die Unternehmer einen Verzicht auf das 13.Monatsgehalt, regelmäßige zuschlagsfreie Samstagsarbeit und eine drastische Absenkung der Gehälter. Mit diesem Horrorkatalog sind sie in die Verhandlungen gegangen und haben entsprechende Reaktionen ihrer sonst so braven Beschäftigten provoziert. All dies geschieht vor dem Hintergrund von Bestrebungen mancher Banken, ganze Bereiche (als "Direktbanken") aus den Gesellschaften auszugliedern und damit auch die Tarifbindung loszuwerden.
  Erklärtes Ziel von HBV und DAG in der laufenden Tarifrunde ist es, einen Abschluß wie in der Metallbranche zu bekommen. Daß dies aber bei Banken und Versicherungen einen größeren Kraftaufwand erfordert, sagt auch viel über das Kräfteverhältnis in diesen Bereichen aus. Gerade aus diesem Grund brauchen die Beschäftigten unsere volle Unterstützung.
 


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