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Am 16.Februar besetzten kurdische Aktivistinnen nach der Verhaftung des Vorsitzenden der PKK, Abdullah
Öcalan, das griechische Konsulat in Leipzig. Bei der Räumung ging die Polizei nach Augenzeugenberichten mit
äußerster Brutalität vor. Der sächsische Innenminister verbreitet zudem offensichtlich Falschmeldungen: "Die 73,
die in Leipzig die Botschaft besetzt hatten, befinden sich alle in Untersuchungshaft, von denen ist keiner abgeschoben worden." Ali
Sakklih Parlak, der sich an der Konsulatbesetzung beteiligte, wurde am 3.März vom Frankfurter Rhein-Main-Flughafen mit der Lufthansa
nach Istanbul abgeschoben.
Neben den 73 im Konsulat verhafteten KurdInnen gab es in Sachsen noch 70 weitere Festnahmen. Die meisten KurdInnen wurden zwar
freigelassen, aber unklar ist, gegen wieviele Anklage erhoben wird. Der sächsische Innenminister Klaus Hardrath drohte an zu
prüfen, ob bei ihnen nicht eine schnelle Abschiebung möglich ist. Mehmet Kurt fiel dieser Drohung bereits zum Opfer. Er wurde
vor dem Konsulat von der Polizei verschleppt und am 28.Februar in die Türkei abgeschoben.
Wie die Innenminister mit den KurdInnen umgehen wollen, die sich in Deutschland politisch betätigen, zeichnete sich auf der
Innenministerkonferenz am 5.März in Dresden ab. Bundesinnenminister Otto Schily auf die Frage eines Journalisten, wie mit den
"PKK-Kurden und Gewalttätern" umzugehen sei: "Wir können es nicht dulden, daß Menschen sich hier in
Deutschland zu Gewaltaktionen hinreißen lassen und dann meinen, sie hätten totzdem einen Aufenthaltsstatus. Deshalb werden wir
mit aller Nüchternheit prüfen, welche Vorkehrungen notwenig und möglich sind um dann auch Ausweisungsentscheidungen zu
treffen, und diese im Wege der Abschiebung zu vollziehen."
Der sächsische Innenminister Hadrath warnte "alle Kurden, auch alle PKK-Anhänger, hier in Deutschland
Gewalttätigkeiten mit der Zielsetzung durchzusetzen, den Staat Kurdistan zu schaffen." Die Strafverfahren werde man so schnell
wie möglich durchführen. Wie ernst Hardrath es mit diesen Drohungen meint, zeigt ein Infoblatt, das auf seine Initiative in
Innenministerium zurückgeht und an die sächsischen Ausländerbehörden verteilt wurde. Darin werden die
"lieben kurdischen Mitbürger" aufgefordert, Sympathianten der PKK bei der Polizei anzuzeigen und sich "von den
gewalttätigen Ausschreitungen" der Landsleute zu distanzieren.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer angesichts drohender Massenabschiebungen ist die Freilassung des Kurden Recep Öz aus der
Abschiebehaft in Büren. Das Verwaltungsgericht in Aachen begründete sein Urteil unter anderem damit, daß vor dem
Hintergrund der Veränderung der innenpolitischen Lage in der Türkei seit der Inhaftierung des "Staatsfeinds
schlechthin" die bisherige Auskunftslage zur Rückkehrgefahr regimekritischer, exilpolitisch tätiger kurdischer Asylbewerber
zu aktualisieren sei. Der Flüchtlingsrat forderte daraufhin den Bundesinnenminister auf, ein generelles Abschiebeverbot für
KurdInnen in die Türkei zu erlassen. Bis zum Abschluß der Prüfung sollen demnach die noch inhaftierten KurdInnen aus dem
Wanderkirchenasyl sowie alle anderen KurdInnen aus den Abschiebegefängnissen entlassen und ihnen eine Aufenthaltsgenehmigung
zugestanden werden.
Tom Kucharz