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Psychologische Kriegsführung kennt keine Grenzen. Auch die nach Umfrageergebnissen zahlreichen
Kriegsgegner aus dem Osten werden davon nicht verschont.
Mitte April kritisierte der Journalist Bernhard Honnigfort in der linksliberalen Frankfurter Rundschau die Ansichten der Ostdeutschen
über den Krieg. Sie würden, so meint er, die NATO verdammen und die Taten Milosevi´cs geflissentlich übersehen.
Willkürlich zitiert er einige Leserbriefe aus ostdeutschen Zeitungen, die den Kriegseinsatz, die NATO und die Politik der
Bundesregierung ablehnen. Anschließend kommt er zu dem Schluß, daß "über Milo?sevi´cs
Vertreibungspolitik hingegen weniger Worte verloren werden". Das allein wäre noch einer Diskussion wert.
Doch mit den Ausführungen des Hallenser Psychotherapeuten Hans-Joachim Maaz holt Honnigfort erst richtig aus: Unterschiedliche
Umfrageergebnisse zum Krieg gegen Jugoslawien resultierten aus dem "Gefühl moralischer Überlegenheit der Ostdeutschen
gegenüber den Westdeutschen", sagte Maaz der westdeutschen Tageszeitung. Der DDR-Bürger sei durch den SED-Staat
geprägt worden: humanitäre Gründe könnten nach Ansicht vieler Ostdeutscher kein Anlaß für den
früheren Feind NATO sein, einen Krieg zu führen.
Es gebe "noch immer starkes Mißtrauen gegenüber dem Kapitalismus und der Rüstungsindustrie", führt der
Psychotherapeut weiter aus - als sei der Kapitalismus mit der Wiedervereinigung der Inbegriff des Menschlichen geworden.
Nur wer das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat kann wie Maaz beklagen, daß die "jahrelange intensive Erziehung" zu
politischen Maximen wie Antikapitalismus, Frieden und Völkerverständigung "tiefe Spuren im Bewußtsein der
Ostdeutschen hinterlassen" hätten. Das werde jetzt noch garniert mit "Gefühlen der Einheitsenttäuschung",
meint Maaz und bedauert, "daß die PDS das abschöpft".
Alles was den ostdeutschen Kriegsgegner treibt ist Frustration, falsche Erziehung und ideologische Verblendung. Bleibt die Frage, was mit den
Kriegsgegnern im Westen ist. Aber auch zu dieser Problemstellung wird sich sicher ein Psychologe finden, der die Gegnerschaft zum Krieg als
ein Ergebnis psychologischer Deformierung analysiert.