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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.10 vom 13.05.1999, Seite 4

Krieg als Arbeit

Vom Jobkiller zum Killer-Job

Sprache verfremdet und Sprache bringt es auf den Punkt. Die Sprache der Arbeitswelt spricht von einem "Sozial"produkt, obgleich dieses brutto wie netto unsozial ist. Hört ein Beschäftigter den Begriff "Bündnis für Arbeit", dann kann er davon ausgehen; daß "rationalisiert", also Arbeit abgeschafft wird, wobei bereits der Begriff "Rationalisierung" die Verhältnisse auf den Kopf stellt. Ein solcher Prozeß der Arbeitsplatzvernichtung ist - volkswirtschaftlich gesehen - meist wenig "rational" und tatsächlich "irrational", die Gesamtinteressen schädigend.
  In wenigen Momenten allerdings blitzt durch die Sprache der kapitalistischen Arbeitswelt die Realität. Das gilt zum Beispiel für den Begriff "Jobkiller". Arbeit wird hier reduziert auf den Aspekt der Wert- und Mehrwertproduktion: ein "Job". Die Abschaffung solcher "Jobs" durch Konkurrenz und "Rationalisierung" wird mit Existenzvernichtung - mit: "To kill" - verdeutlicht.
  Sprache verfremdet auch im Krieg und bringt es gelegentlich auf den Punkt. Im neuen Balkankrieg ist die Rede von "Konflikt" und "Luftoperationen", wenn Krieg und Bombardierungen gemeint sind. Es heißt, es müsse eine "humanitäre Katastrophe" verhindert werden - der Duden übersetzt "Humanität" mit "menschenfreundlich; wohltätig" - tatsächlich wird eine menschliche Katastrophe geschaffen.
  Wenn NATO-Sprecher Shea von einer "intensiven Suche nach einer Friedenslösung" spricht, dann findet gerade die Intensivierung der Bombardierung statt. Die bisher wichtigste Wortschöpfung dieses neuen Balkankriegs, der "Kollateralschaden", ist wörtlich als ein "am Rande aufgetretener Schaden" zu übersetzen, meint jedoch das Gegenteil: einen Bomben- oder Raketenangriff, bei welchem es vor allem zivile Opfer gab.
  Inzwischen taucht der Krieg in vielen Beschreibungen als Arbeit auf. So ist in mehreren Artikeln vom "Job" der Bomberpiloten die Rede. In einem jüngeren Artikel im Stern wird ein deutscher Bundeswehrsteuermann auf dem US-Flugzeugträger Philippine Sea inmitten seines Kriegshandwerks zitiert mit: "Die Zufriedenheit mit dem Beruf ist auf Rekordhöhe." Der Kapitän desselben Schiffs sagt offen: "Es ist eine Kriegführung, die den Menschen total rausnimmt."
  In der Welt am Sonntag, einer Zeitung, die den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien unterstützt, fand sich die nüchterne Beschreibung der Tatsache, daß die NATO in Jugoslawien immer mehr zivile Ziele - Brücken, Heizkraftwerke, Fernsehsender, Wohnsiedlungen - bombardiert. Daran anschließend heißt es dort: "Was könnte die NATO auch anderes tun? Bodentruppen will sie nicht einsetzen und die erkannten militärischen Ziele sind weitgehend abgearbeitet."
  Der größte deutsche Verherrlicher des Kriegshandwerks und Wegbereiter des Nationalsozialismus, Ernst Jünger, veröffentlichte in den 30er Jahren das Buch "Der Arbeiter". In diesem setzte er Arbeit und Kriegshandwerk und Arbeiter und Soldat gleich; das "Stahlgewitter" - so ein anderer Buchtitel - des Kriegs würde, so Jünger, erst die Menschwerdung vollenden.
  Thomas Mann bezeichnete Jünger aufgrund dieser inhumanen Verkehrung der Werte als "Genüßling des Barbarismus". Es ist von dort kein weiter Weg zum deutschen Außenminister Joseph Fischer, dessen Aussage zum Krieg und zu den Aufgaben der Grünen in der Wirtschaftswoche wie folgt zitiert wird: "Jetzt werden die Grünen gehärtet oder zu Asche verbrannt werden."
Winfried Wolf


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