Sozialistische Zeitung |
Dieser Tage hat die ehemalige Ruhrkohle AG, heute RAG (Essen), ihren Jahresbericht vorgelegt. Dem
Unternehmen geht es sehr gut, es steigerte im vergangenen Jahr den Umsatz um 10%. Der Gewinn wird seit dem Umbau des Konzerns vor allem
im sogenannten "weißen" Bereich gemacht, also dort, wo keine heimische Steinkohle gefördert wird.
Der Steinkohlenbergbau an der Ruhr, im letzten Jahr ergänzt um Saarberg und in diesem Jahr um die Zeche Ibbenbüren, also der
sogenannte "schwarze Bereich", wurde in der Deutsche Steinkohle AG (DSK) zusammengefaßt. Was früher
Hauptgeschäftszweig der Ruhrkohle AG war, ist heute nur noch eine Tochtergesellschaft der RAG unter sieben anderen.
Nur noch weniger als 40% des RAG-Umsatzes werden mit dem Verkauf von Steinkohle gemacht; die Förderung der Zechen sank um 5,2
Millionen Tonnen, das sind 11%, auf 42,5 Millionen Tonnen. Diese Minderförderung wurde durch gestiegene Kohlenimporte in
Höhe von rund 27 Millionen Tonnen mehr als ausgeglichen. In diesem Jahr soll die Förderung erneut um 5 Millionen Tonnen
sinken, und für das nächste Jahr sind drei Zechenschließungen beschlossen. Tausende von Arbeitsplätzen werden in
jedem Jahr vernichtet; allein durch Zusammenlegungen und Stillegungen werden es bis zum Ende des Jahres 2000 10.000 sein. Die
Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Bereichen kommen noch dazu.
Der Arbeitsplatzvernichtung an Ruhr und Saar steht ein gesteigertes Engagement der RAG bei den Kohleimporten gegenüber, die
über die Konzerntochter RAG Handel abgewickelt werden. Hier werden den Stromkonzernen Mischpreise zwischen subventionierter
heimischer Förderung und billiger Importkohle angeboten.
Der neueste Coup der RAG: Parallel zur globalen Positionierung deutscher Unternehmen wie Deutsche Bank und Daimler Benz, die US-
amerikanische Unternehmen einkauften, hat die RAG dem US-Bergbaukonzern Cyprus Amax Minerals die Kohlesparte abgekauft. Cyprus Amax
Coal fördert in den USA 67 Millionen Tonnen im Jahr, das gibt einen Umsatz von 800 Millionen Dollar. Die RAG kauft den
Bergbaukonzern für 1,1 Milliarden Dollar, das entspricht etwa 2 Milliarden Mark.
Diese Transaktion, die noch von der Kartellbehörde abgesegnet werden muß und mit der die RAG zum zweitgrößten
privaten Kohleproduzenten der Welt wird, wäre in dieser Art vor kurzem noch undenkbar gewesen. Die RAG hätte in der
Öffentlichkeit nicht darstellen können, wieso Milliardensummen im Ausland zum Kauf von Konkurrenzunternehmen verwendet
werden können, wenn gleichzeitig aus Subventionsgeldern der heimische Bergbau gefördert wird.
Doch mit einer SPD-geführten Landes- und Bundesregierung, die sich die Modernisierung auf die Fahnen geschrieben haben, ist das alles
kein Problem mehr. Das Geld stammt aus den riesigen Stillegungsprogrammen an der Ruhr, den aufgeschobenen Lohnerhöhungen und der
Entlassung Tausender Kumpel in den Vorruhestand.
Der nichtsubventionierte "weiße" Bereich der RAG ist finanzpolitisch abgekoppelt und macht gute Gewinne, während
der "schwarze" Bereich so klein gemacht wird, daß er mit den sinkenden Subventionen gut betrieben werden kann.
Kostensenkungsprogramme sind die Peitsche, die auf den Schachtanlagen geschwungen wird.
Die internationale Konkurrenz liefert einen weiteren Maßstab. Auf den Zechen der Cyprus Amax Coal kostet die Kohle rund 14 Dollar je
Tonne, zum Teil weil sie im Tagebau und auf riesigen Flözen gefördert wird. Selbst bei Frachtraten in gleicher Höhe
käme diese Kohle für rund 50 Mark im neuen RAG-Importhafen in Duisburg an.
Ein Vergleich: Für den Untertagebereich Ruhr gibt die RAG Förderkosten von 280 Mark an!
Inzwischen hat die Gewerkschaft IGBCE ihren Lieblingsfeind FDP durch die Grünen ersetzt, fordern die doch das Auslaufen der
Bergbau-Subventionen bis zum Jahr 2015. Während das beschleunigte Stillegungsprogramm der DSK läuft, führt man
Scheingefechte um eventuell in zehn Jahren drohende Stillegungen, die wahrscheinlich allein aufgrund der Konzernstrategie der RAG schon
bald Wirklichkeit werden, egal ob die Grünen an der Regierung sind oder nicht.
"Hervorragende Wachstumschancen" sieht die RAG auf den Weltmärkten für die Kohle. Die Kumpel bezahlen mit
ihrem Arbeitsplatz, niedrigen Lohnerhöhungen, Verlegungen und Umschulungen.
Die Städte und Steuerzahler bezahlen den privaten Gewinn mit steigenden Sozialausgaben und Steuern. So wirkt
"Globalisierung" an der Ruhr.
Adam Reuleaux