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Eine Alternative ist nicht nur notwendig, sie hat auch schon angefangen". Mit diesen Worten
eröffnete die Soziologin Maria Mies das Symposium gegen "die Monokulturen der Globalisierung" im Rahmen des
Alternativgipfels in Köln.
Helena Norberg-Hodge aus England, Trägerin des Alternativen Nobelpreises, stellte die Kampagne "Global to local" gegen
den genmanipulierten Markt vor. Aus der sei in England bereits eine schnell wachsende Bewegung geworden. Norberg-Hodge kämpft
seit 20 Jahren gegen die Zentralisierung der Wirtschaft.
Sogar die Regierungen arbeiteten heute für multinationale Interessen, Unterschiede zwischen den politischen Parteien lösten sich
mehr und mehr auf, klagt Norberg-Hodge. So stehe Tony Blair (Labour) in England nun sogar weiter rechts als sein Amtsvorgänger John
Mayor (Konservative). Blair will ein Europa, das für eine "Harmonisierung" von Verschiedenheiten eintrete. Diese
Standardisierung geschehe allein im Interesse multinationaler Konzerne, für die Vielfalt auf der lokalen Produktionsebene ein Problem
sei.
Norberg-Hodge betonte auch die psychologische Seite der Globalisierung. Es entstehe nämlich eine kulturelle Monokultur, die das
Selbstbewußtsein der Menschen, vor allem der Kinder zerstöre. Sie plädiert deshalb dafür, zu lokalen
Verhältnissen zurückzukehren, was auch in Großstädten möglich sei. Allerdings würden wir gezwungen,
immer mehr zu konsumieren. So würden in den USA pro Tag 1 Milliarde Dollar für Werbung ausgegeben. Unsere Steuergelder
würden für den Ausbau von Straßen und Transportwegen, für Chemikalien und eine wachsende Bürokratie
für die Großproduktion verschwendet. Der unsinnige Transport von Nahrungsmitteln in ferne Länder verschlinge Usummen
von Subventionen.
Norberg-Hodge rief deshalb alle zu mehr politischen Engagement auf. Sie sei trotz allem sehr optimistisch, denn wenn es ein paar 100
AktivistInnen gelungen sei, das Investitionsschutzabkommen MAI zu blockieren, sei auch die Milleniumrunde nicht unbezwingbar. Schon 600
Organisationen haben die Deklaration gegen die sogenannte Milleniumrunde WTO unterschrieben.
In der Diskussionsrunde wurde das Thema "gender" und Globalisierung aufgeworfen. "Gender", hieß es, sei die
eigentliche Grundlage der Globalisierung. Michel Chossudowsky kritisierte die Finanzierung von NGOs und Frauenprojekten durch die
Weltbank. Nicht der Konflikt zwischen Männern und Frauen sei das eigentliche Übel, sondern die Trennung von arm und reich.
Maria Mies wandte, sie habe sich immer gegen den Begriff "gender" gewehrt. Die Weltbank habe diesen kritischen Begriff aus der
Frauenbewegung, ebenso wie den der "diversity", okkupiert und aufgeweicht. Sie beharrte darauf, daß Frauen von der
Globalisierung stärker betroffen seien und die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern dringend aufgehoben werden müsse. Die
Klassen- und Geschlechterwidersprüche bestünden nebeneinander, nur daß der letztere sehr viel älter sei. Sexismus
und Gewalt seien sogar im Zunehmen begriffen. Von einer Gleichstellungspolitik halte sie aber nichts, vielmehr sei die Demilitarisierung das
größte Problem. Die Friedensbewegung habe sich aber leider bisher weder der Geschlechterproblematik noch der globalen
Wirtschaft angenommen.
Norberg-Hodge kritisierte an der Frauenbewegung, daß sie sich zu wenig um das Thema Wirtschaft kümmere. Die Nord-Süd-
Bewegung und der Aufbau lokaler Initiativen und ihre regionale und weltweite Vernetzung sei die wahre Alternative zu einer isolierten
Bewegung. Kritisch anmerken ließe sich, daß nicht problematisiert wurde, ob in den lokalen Bewegungen die Frau nicht wieder mit
der Natur gleichgesetzt und auf ihre reproduktiven Fähigkeiten und frauenspezifische Tätigkeiten beschränkt werde.
Um Globalisierung und Umwelt ging es im anschließenden Vortrag von Vandana Shiva, Atomphysikerin und Alternative
Nobelpreisträgerin aus Indien. Sie berichtete über den Widerstand gegen die Abholzungen im Himalaya und das Netzwerk
"Diverse Women for Diversity" gegen die Monokulturen. In sehr lebendiger Weise stellte sie die Effizienz der lokalen
Ökonomien den zerstörerischen Machenschaften der Biotechnikkonzerne wie Monsanto gegenüber. Letztere bezeichnete sie
als "dead sciences companies", die sowohl die LandwirtInnen als auch die KonsumentInnen versklaven würden.
Diese These wurde von Farida Akhter, Mitglied einer BäuerInnenorganisation in Bangladesh, unterstrichen. Ihr Vortrag stand unter dem
Motto "For food security and happy life". Sie beschrieb die Auswirkungen der Monokulturen und der Gentechnologie auf Natur und
Mensch in Bangladesh. So habe ein großes Sterben von Fischarten begonnen. Was überlebt, sei oft ungenießbar. Das Saatgut
der Multis wie Monsanto zwängen den BäuerInnen Hybrid-Saatgut auf, dessen Früchte unfruchtbar sind. So entstünden
Abhängigkeiten, da das Saatgut immer wieder neu gekauft werden müsse. Dabei sei Bangladesh in der Lage, ohne Gentechnologie
und ohne gesundheitliche Gefahren alle Menschen zu ernähren.
Akhter warnte auch noch vor den Mikro-Krediten, die Weltbank und andere den Frauen in den armen Ländern als Wirtschaftshilfe
anbieten. Diese gingen oftmals nicht in die Produktion sondern würden für den täglichen Bedarf oder auch für
westliche Konsumgüter ausgegeben. Die Frauen, so Akhter, geraten dadurch in eine Schuldenfalle, während westlichen Konzernen
neue Absatzmärkte erschlossen werden.
Am Beispiel der Textilindustrie in ihren Ländern verdeutlichten Fahrida Akhter und Vandana Shiva die verhängnisvollen
Auswirkungen des freien Weltmarktes auf die einheimischen Produktionen. Bis zur Deregulierung Anfang der 90er Jahre habe es bei ihnen eine
blühende Textilindustrie gegeben. Damit ist es allerdings seit Öffnung der Märkte vorbei. Billige Industriewaren
drängen nun auf die lokalen Märkte und machen den kleinen Webern Schneidern das Leben schwer. Viele mußten ihr
Handwerk aufgeben. Einige tausend, so Shiva, sind sogar verhungert.
Daß auch im Norden gegen die Folgen der Globalisierung gekämpft wird beschrieb Teresa Wolfwood aus Kanada. In ihrem sehr
engagierten Vortrag zeigte die Aktivistin der Frauenumweltbewegung auf, daß es sehr wohl "Alternativen in der reichen Welt"
gibt.
Eines der wichtigsten Umweltthemen sei in Kanada derzeit der Kampf um Wasserrechte. Konzerne wollen Wasser in großen Mengen
exportieren. Auch in diesem Zusammenhang tauchte der Name des Multis Monsanto auf, der versucht, Wasserrechte unter seine Kontrolle zu
bekommen. Der Widerstand gegen den Ausverkauf des kanadischen Wassers sei allerdings stark. Sie sei daher optimistisch, daß die
Globalisierung von den BürgerInnen gestoppt werden kann.
Monika Piendl