Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.18 vom 02.09.1999, Seite 2

Der große Spar-Bruder

von Wolfgang Pomrehn

Sparminister Eichel übt orwellschen Neusprech: schon seit Jahren sei man mit der denkbar größten Umverteilung von unten nach oben konfrontiert. Um diese "soziale Ungerechtigkeit" zu stoppen, werde die Bundesregierung "kompromisslos" an der von ihm vorgeschlagenen Lösung, dem Sparpaket, festhalten.
Was der Minister im Auge hat ist nicht die Tatsache, dass sich die Kapitalisten einen stetig wachsenden Anteil vom Nationaleinkommen unter den Nagel reißen, er denkt nicht an die Verschleuderung des ehemaligen staatlichen Eigentums der DDR an westdeutsche Unternehmen und Banken. Auch die schrittweise Rücknahme der ostdeutschen Landreform und die Wiederkehr der Nachkommen jener adligen Räuber und Menschenschinder, die Europa so viele Kriege beschert haben, meint er nicht. Nein, Deutschlands Obersparer spricht von der Staatsverschuldung, die inzwischen Unsummen allein an Zinszahlungen verschlingt.
Und es ist ihm in gewisser Weise sogar Recht zu geben. Die Schuldendienste an die Banken aus dem Steuertopf sind tatsächlich vollkommen inakzeptabel. Doch so hat er es nun auch wieder nicht gemeint. Er wollte nur sagen, dass Zinsen und Tilgung natürlich weiter bezahlt werden müssen. Und damit das auch geht, muss eben das soziale Sicherungssystem weiter abgebaut, muss die Altersversorgung teil-privatisiert werden. Mit dem netten Nebeneffekt, dass die notleidenden Banken und Versicherungen einen neuen Markt bekommen.
Doch es gibt noch ein paar andere Vorschläge: Zuerst einmal bezahlen die Banken einen realistischen Preis für das DDR- Bankensystem, dass ihnen für Schleuderpreise überlassen wurde. Das dürfte alleine schon etliche Milliarden in die Kasse bringen. Und dann könnte man ja noch einmal die Frage stellen, ob es denn seine Richtigkeit hat, dass deutsche Konzerne und Banken so sehr in liquiden Mitteln schwimmen, dass sie gar nicht recht wissen, wo sie ihr Kapital schnell genug anlegen können, während auf der anderen Seite die öffentlichen Haushalte an chronischer Schwindsucht leiden.


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