Sozialistische Zeitung |
Erst kürzlich gelangte der vertrauliche Text einer nichtöffentlichen Sitzung der
Bundeswehrreformkommission an die Öffentlichkeit: "Politiker fordern den Einsatz der Bundeswehr zur
Kriminalitätsbekämpfung." Kein geringerer als der Generalinspekteur der Bundeswehr, von Kirschbach, fordert darin den
Einsatz der Armee zur Lösung von innenpolitischen Problemen. "Ökologische, ethnische, religiöse oder
ökologisch verursachte Spannungen, organisierte Kriminalität und terroristische Organisationen nichtstaatlicher Akteure
können gleichwohl die Stabilität gefährden, Krisen auslösen und militärische Konflikte
verursachen."
Schützenhilfe erhielten Kirschbach und seine Kommission durch den verteidigungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und den
Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Sie hoben hervor, dass schon heute die deutsche Marine der US-Marine bei
Einsätzen gegen Rauschgifttransporte vor der Küste der USA helfen. Der Vorstoß, der Bundeskriegsarmee ordnungspolitische
Zuständigkeiten im Innern zu übertragen, erfolgt zu einem Zeitpunkt veränderter politischer und militärischer
Bedingungen. Die Bundesrepublik ist kriegsführendes Land und erstmals in der Geschichte der Sozialdemokratie ist es eine von ihr
gestellte Regierung, die Krieg führt.
In der Vergangenheit war weit über die SPD hinaus schon der Gedanke, die Bundeswehr als inneren Ordnungsfaktor einzusetzen
unvorstellbar. Auch dies hat sich durch den Krieg auf dem Balkan geändert. Daß die bundesdeutsche Wehrmacht mit ihren im
Kriegseinsatz auf dem Balkan erprobten Sondereinheiten jetzt als Ordnungsfaktor im Innern ins Gespräch gebracht wird, lässt die
Herzen der Reaktion und aller Gewerkschaftsfeinde höher schlagen. Historische Erfahrungen weisen auf die künftigen
Einsatzbereiche hin: Soldaten als Streikbrecher oder im Kampf gegen aufmüpfige Studenten.