Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.18 vom 02.09.1999, Seite 2

Abschied von der alten SPD

von ANGELA KLEIN

Im Land zwischen Rhein und Emscher war die SPD bislang noch Arbeiterpartei. Im industriellen Herzen Deutschlands ruhte die jahrzehntelange, teilweise - wie in Dortmund - noch auf die Zeit der Jahrhundertwende zurückgehende absolute Vorherrschaft der SPD auf der Verquickung von Positionen in Betriebsräten, Stadträten, Aufsichtsräten und an der Spitze der kommunalen Betriebe. Filz oder Klüngel - in Köln wie im Revier drücken die Begriffe dasselbe aus. In Köln hat eine Aktion der neugegründeten Zeitung Kölner Woche mit der Unterzeile "die Zeitung gegen den Klüngel" den Knoten zum Platzen gebracht: Nach 20 Jahren Norbert Burger hat die SPD nicht mal mehr einen OB-Kandidaten, weil der auserkorene Klaus Heugel Insidergeschäfte mit Aktien gemacht hat. Aber die Skandale sind nur das Vordergründige. Was hinter dem Personalwechsel an der Spitze vieler NRW-Städte zum Ausdruck kommt, ist ein Machtwechsel in der SPD von den alten AfA-Strukturen, wo der Aufstieg in die Kommunal-und Landespolitik aus festen Positionen in Betriebsräten und Gewerkschaften erfolgte, hin zu einer Generation, die geprägt ist von den ökologischen Auseinandersetzungen der 70er und 80er Jahre, gegenüber den ökoliberalen Positionen der Grünen aufgeschlossen ist, und mit Gewerkschaften nicht mehr viel am Hut hat. Das ist kein Kampf zwischen rechts und links, eher zwischen zwei rechten Fraktionen mit unterschiedlichen weltanschaulichen und programmtischen Orientierungen. Die personelle Kontinuiät der alten OB-Riege hat den Wandel, der seit den 80er Jahren im Gang ist, bisher verdeckt. Jetzt wird er sichtbar und verstärkt eine Tendenz, die es auf Landesebene mit dem Übergang zur Generation der "Enkel Willys" schon seit längerem gibt. Vor Ort in den Kommunen erschüttert er die Partei und ihre Strukturen aber viel nachhaltiger. Für Gerhard Schröder und seine Absicht, auch die Partei zu "modernisieren", wird das eine Steilvorlage, trotz der damit verbundenen Wählereinbrüche.


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