Sozialistische Zeitung |
Nicht erst seit der "Kriegskrise" der Grünen beginnt sich die Wahllandschaft links der SPD
zu verändern. Der Wahlerfolg der PDS bei der Bundestagswahl war sicherlich ein bemerkenswerter Einschnitt. Er bedeutete, dass in
Westdeutschland über 5% der WählerInnen nicht in ein rot-grünes Projekt einzubinden sind. Die Stimmenanzahl wäre
weit höher gewesen, wenn nicht viele Linke "ein letztes Mal" grün gewählt hätten. Nun, nach wenigen
Monaten rot-grüner Regierung, stehen diese Stimmen nicht mehr zur Verfügung.
Es kommt hinzu, dass der Angriffskrieg viele Grünwähler ratlos werden ließ. Die Bremenwahl hat gezeigt, dass diese
Stimmen nicht automatisch der PDS zugute kommen. Zum Großteil sind sie bei der Wahl zu Hause geblieben. Es gibt also Potenziale
für linke Listen jenseits von PDS und Grünen. Auf dieses Vakuum schielen nun - vorerst auf örtlicher und bezirklicher Ebene
- linke Abspaltungen von Grünen und PDS. In Berlin ist dies die "Demokratische Linke", die aus einer bezirklichen PDS-
Abspaltung in Friedrichshain entstand und anhebt, sich auf Landesebene zu etablieren und gegen die PDS zu kandidieren. In Hamburg spaltete
sich die "Regenbogenfraktion" von der GAL-Fraktion in der Bürgerschaft ab und fand auf bezirklicher Ebene zahlreiche
Nachahmer. Noch nicht entschieden, aber anzunehmen ist, dass auch diese Kraft bei der nächsten Bürgerschaftswahl antreten wird -
gegen die Grünen, aber auch gegen die PDS. So ist zu konstatieren, dass sich neben der PDS und den Grünen ein elektoraler
Formierungsprozess vollzieht, den man begleiten, bekämpfen oder ignorieren kann.
Zudem kann es in Folge der schröder-eichelschen Sparpolitik zu lokalen linken Abspaltungen der SPD kommen, die ebenfalls gegen die
ehemalige Mutterpartei antreten könnten. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass eine neue USPD oder eine bundesweit operierende Partei
à la DS entsteht, aber kommunale Gegebenheiten (z.B. keine 5%-Klausel, rechte bündnisgrüne Ortsvereine, keine PDS vor
Ort) könnten zum Wahlantritt führen.
Unsere Aufgabe sollte sein, ein konkurrierendes Antreten mehrerer linker Listen zu verhindern. Ausnahme wäre eine Situation, in der
auch verschiedene linke Listen erfolgversprechend kandidieren könnten. Allgemein ist zu begrüssen, dass nach Jahren relativer
Eintönigkeit nun Anzeichen elektoraler Vielfalt zu beobachten sind. Die Herausbildung neuer Listen und Cross-over-Initiativen auf der
Linken muss sorgfältig beobachtet und gegebenfalls tatkräftig unterstützt werden.