Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-
Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.20 vom 30.09.1999, Seite 2

IWF & Weltbank

Kaum Geld für Schuldenerlass

von GERHARD KLAS

Fast ist es so, als hätte sich die Welt auf den Kopf gestellt. Bundesministerin Heidemarie Wieczorek- Zeul, zuständig für Entwicklungspolitik, frohlockte, als sie Ende September von einem Treffen mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank aus Washington in die Heimat zurückkehrte. Offensichtlich hatte sie das Logo, mit dem die Weltbank in diesem Jahr für sich wirbt, schwer beeindruckt. "Unser Traum ist eine Welt ohne Armut", stand dort in fetten Lettern.
Was einige als Zwist zwischen Weltbank und IWF betrachten, ist für die Ministerin schon eine Wende in der Entwicklungspolitik. Die Weltbank fordert eine Entwicklungspolitik, die sich nicht nur an makroökonomischen Daten orientiert, sondern gezielte Programme für die Bekämpfung der Armut bereithält und stößt damit auf Widerspruch beim IWF. Das heißt nicht, dass sie dessen Strukturanpassungsprogramme für die Länder der Dritten Welt ablehnt. "Wachstum allein genügt nicht", lautet das einfache Credo des Weltbank-Chefökonomen Joseph Stieglitz. Wie diese Entwicklungsprogramme im Rahmen der IWF-Sparauflagen umzusetzen seien, bleibt sein Geheimnis.
Dasselbe gilt für den bereits im Juni auf dem Treffen der G7 in Köln ausgehandelten Schuldenerlass von 70 Milliarden Dollar. Während die 41 ärmsten und hochverschuldeten Länder, die dafür potenziell in Frage kommen, voller Ungeduld ausharren, überlegen sich die Finanz- und Entwicklungsminister nun in Washington, wie sie das Geld aufbringen sollen. Die Weltbank sieht sich schon genug geschröpft und will nicht sämtliche Reserven aufbringen, weil sie sonst "das gute Rating der Bank am Kapitalmarkt" gefährde. Peanuts gibt es von den einzelnen G7-Ländern. Finanzminister Hans Eichel hat ganze 150 Millionen Mark für einen Treuhandfonds zugesagt, die allerdings von der bilateralen Entwicklungshilfe abgezogen werden sollen. Die Privatbanken haben schon im Vorfeld abgewunken.
Immerhin, die integrierte Strategie von Fonds und Bank haben die G7 "einhellig begrüßt". Statt konkreter finanzieller Hilfen haben die Vertreter der reichsten Länder jedoch nur beschlossen, ein weiteres "Dialogforum" einzurichten, an dem sich nun neben den G7 dreizehn weitere Staaten beteiligen dürfen. Armutsbekämpfung und Schuldenerlass sind also nicht viel mehr als warme Worte. Nur manchmal werden sie Realität. Wie im Falle Ugandas, dessen 40 Millionen Dollar Schuldenbefreiung im letzten Jahr in einen Topf zur Förderung sozialer Projekte flossen. Nur Pech, dass gleichzeitig die Rohkaffeepreise in den Keller fielen. Das hat den Staat deutlich mehr gekostet als diesen Betrag.
Ähnliches könnte den armen und hochverschuldeten Ländern widerfahren, die künftig in den Genuss von Schuldenreduzierungen kommen sollten. Denn Anfang Dezember steht die Jahrtausendrunde der Welthandelsorganisation an, die weitere Liberalisierungsmaßnahmen für Agrarprodukte beschließen wird. Die Marktöffnungen werden mit einem weiteren Preisverfall für Kaffee, Tee, Bananen und Zucker einhergehen - allesamt Produkte, auf deren Export sich viele der hochverschuldeten Länder spezialisiert haben.


zum Anfang