Sozialistische Zeitung |
Mehr als 600 Gäste kamen am 8.Oktober zur Einweihung der 1000sten deutschen McDonalds-
Filiale in Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder bedauerte ausdrücklich, nicht persönlich erscheinen zu können.
Auch der zweite Ehrengast war verhindert: Michail Gorbatschow, der das Vorwort zum Buch "Nach Russland mit Fritten" von
George Cohon, dem Vorsitzenden von McDonalds Kanada, geschrieben hätte. Darin beschreibt der ehemalige Steuermann der
Sowjetunion das Fast-Food-Unternehmen mit den blumigsten Worten.
McDonalds fördere den "Ausbau zivilisierter moderner
Märkte" in Russland und helfe dabei, "eine demokratische Gesellschaft aufzubauen". Anstelle von Gorbatschow
"freute" sich nun der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, dass "über dreißig McDonalds
die Stadt Berlin zu einem Zentrum der Hamburger- und Frittenfreaks" machen. "Wenn man ab und zu in Deutschland von der
‚McDonaldisierung der Gesellschaft spricht, so verstehen wir das weniger als Kritik, sondern als Kompliment", so die
Erfolgsbilanz des Vorstandschefs von McDonalds Deutschland, Gerd Taupeter.
Freude kam bei einigen Dutzend Mitgliedern der NGG, die vor dem von
Polizei und Sicherheitsdiensten abgesperrten Einkaufszentrum in Berlin-Treptow im Regen warten mussten, nicht auf. Während der
Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats in den trockenen Räumen die "sicheren Arbeitsplätze mit Perspektive"
würdigte, protestieren die NGGler gegen die Arbeitsbedingungen des Konzerns, der allein in Deutschland bei 1,8 Millionen Besuchern
jährlich einen Umsatz von vier Millarden Mark erwirtschaftet. Von den 51000 Beschäftigten verdienen die mit einer
Vollzeitarbeitsstelle - bei McDonalds eine 40-Stunden-Woche - gerade einmal 2190 Mark Brutto. In nur 50 der tausend Filialen
existiert ein Betriebsrat.
Und der ist nur schwer zu erkämpfen: in einigen Fällen konnten
Wahlen zum Betriebsrat nur ein Gerichtsbeschluss erwirken. Der NGG sind mehr als 30 Fälle von Rechtsverstößen wie
Wahlbeeinflussung und Behinderung von Betriebsratsarbeit bekannt. Beliebt sei auch die "Freistellung" von Betriebsräten, um
eine Interessenvertretung der Beschäftigten zu verhindern. Im Rhein-Main Gebiet hat die Konzernleitung mit hohen Geldsummen versucht,
Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) von ihrer gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb abzuhalten.
Der jüngste Fall dieser Art ist der von Antonio Bareiro, dem
Betriebsratsvorsitzenden der Wiesbadener McDonalds-Filale in der Mainzer Straße. Ihm hatten McDonalds-Manager
250.000 Mark geboten, sollte er sein Mandat als Betriebsrat niederlegen und einen Auflösungsvertrag unterschreiben. Er lehnte das
Angebot ab und erhielt daraufhin eine Kündigung, die am 12.Oktober vor dem Arbeitsgericht in Wiesbaden verhandelt wurde.
Bareiro war maßgeblich an den sommerlichen Protestaktionen der
NGG gegen die Arbeitsbedingungen bei McDonalds beteiligt. Der NGG Hauptvorstand wertet diesen Vorstoß als Versuch,
"Betriebsratsarbeit bei McDonalds unmöglich zu machen und die Gewerkschaft NGG zu treffen".
"Faire und gute Zusammenarbeit" zwischen
Mitarbeitervertretung und Geschäftsleitung nennt das der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats. Ein Feuerwerk und Showeinlagen rundeten
die Veranstaltung ab. Die Gäste, unter ihnen auch die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, durften im Anschluss
an die Feier essen, was das Zeug hielt. Serviert wurden ihnen keine Fritten und Hamburger - zur Verfügung standen vielmehr
Champagner, erlesene Weine und französischer Hummer.