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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.21 vom 14.10.1999, Seite 5

McDonald‘s

Proteste gegen Eröffnung der 1000.Filiale

Mehr als 600 Gäste kamen am 8.Oktober zur Einweihung der 1000sten deutschen McDonald‘s- Filiale in Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder bedauerte ausdrücklich, nicht persönlich erscheinen zu können. Auch der zweite Ehrengast war verhindert: Michail Gorbatschow, der das Vorwort zum Buch "Nach Russland mit Fritten" von George Cohon, dem Vorsitzenden von McDonald‘s Kanada, geschrieben hätte. Darin beschreibt der ehemalige Steuermann der Sowjetunion das Fast-Food-Unternehmen mit den blumigsten Worten.
McDonald‘s fördere den "Ausbau zivilisierter moderner Märkte" in Russland und helfe dabei, "eine demokratische Gesellschaft aufzubauen". Anstelle von Gorbatschow "freute" sich nun der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, dass "über dreißig McDonald‘s die Stadt Berlin zu einem Zentrum der Hamburger- und Frittenfreaks" machen. "Wenn man ab und zu in Deutschland von der ‚McDonaldisierung‘ der Gesellschaft spricht, so verstehen wir das weniger als Kritik, sondern als Kompliment", so die Erfolgsbilanz des Vorstandschefs von McDonald‘s Deutschland, Gerd Taupeter.
Freude kam bei einigen Dutzend Mitgliedern der NGG, die vor dem von Polizei und Sicherheitsdiensten abgesperrten Einkaufszentrum in Berlin-Treptow im Regen warten mussten, nicht auf. Während der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats in den trockenen Räumen die "sicheren Arbeitsplätze mit Perspektive" würdigte, protestieren die NGGler gegen die Arbeitsbedingungen des Konzerns, der allein in Deutschland bei 1,8 Millionen Besuchern jährlich einen Umsatz von vier Millarden Mark erwirtschaftet. Von den 51000 Beschäftigten verdienen die mit einer Vollzeitarbeitsstelle - bei McDonald‘s eine 40-Stunden-Woche - gerade einmal 2190 Mark Brutto. In nur 50 der tausend Filialen existiert ein Betriebsrat.
Und der ist nur schwer zu erkämpfen: in einigen Fällen konnten Wahlen zum Betriebsrat nur ein Gerichtsbeschluss erwirken. Der NGG sind mehr als 30 Fälle von Rechtsverstößen wie Wahlbeeinflussung und Behinderung von Betriebsratsarbeit bekannt. Beliebt sei auch die "Freistellung" von Betriebsräten, um eine Interessenvertretung der Beschäftigten zu verhindern. Im Rhein-Main Gebiet hat die Konzernleitung mit hohen Geldsummen versucht, Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) von ihrer gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb abzuhalten.
Der jüngste Fall dieser Art ist der von Antonio Bareiro, dem Betriebsratsvorsitzenden der Wiesbadener McDonald‘s-Filale in der Mainzer Straße. Ihm hatten McDonald‘s-Manager 250.000 Mark geboten, sollte er sein Mandat als Betriebsrat niederlegen und einen Auflösungsvertrag unterschreiben. Er lehnte das Angebot ab und erhielt daraufhin eine Kündigung, die am 12.Oktober vor dem Arbeitsgericht in Wiesbaden verhandelt wurde.
Bareiro war maßgeblich an den sommerlichen Protestaktionen der NGG gegen die Arbeitsbedingungen bei McDonald‘s beteiligt. Der NGG Hauptvorstand wertet diesen Vorstoß als Versuch, "Betriebsratsarbeit bei McDonald‘s unmöglich zu machen und die Gewerkschaft NGG zu treffen".
"Faire und gute Zusammenarbeit" zwischen Mitarbeitervertretung und Geschäftsleitung nennt das der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats. Ein Feuerwerk und Showeinlagen rundeten die Veranstaltung ab. Die Gäste, unter ihnen auch die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, durften im Anschluss an die Feier essen, was das Zeug hielt. Serviert wurden ihnen keine Fritten und Hamburger - zur Verfügung standen vielmehr Champagner, erlesene Weine und französischer Hummer.

Protestfaxe gegen die Kündigung von Antonio Bareiro an Regionalverwaltung McDonald‘s, Fax (069) 80071491. Solidaritätserklärungen an NGG Verwaltungsstelle Frankfurt, Wilhelm-Leuschner-Str.69-77, 60329 frankfurt, Fax (069) 237883, E-Mail <NGG-LB-HRS@t-online.de>.

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