Sozialistische Zeitung |
Gekündigt wegen Gewerkschaftsarbeit? Für die SoZ sprach Dirk Eckert mit ANTONIO
BAREIRO, Betriebsratsvorsitzender bei McDonalds in Wiesbaden. Der Gewerkschafter klagte vor Gericht gegen seine fristlose
Kündigung - mit Erfolg. Trotzdem will Bareiro in die Revision gehen.
Das Wiesbadener Arbeitsgericht hat entschieden, dass Sie nicht kurzfristig entlassen werden können. Andererseits hat das
Gericht aber auch entschieden, dass Sie Ihr Mandat als Betriebsratsvorsitzender niederlegen müssen. Wie geht es jetzt weiter?
Die Arbeitgeberseite hat sich kleiner Tricks bedient, um diese
Zwischenstufe zu erreichen. Da ich auch als Betriebsratsmitglied an diesem Verfahren beteiligt bin, durfte ich nicht als Zeuge auftreten. Die
Arbeitgeberseite hat den Restaurantleiter so hingestellt, als ob er eine neutrale Person wäre und als Zeugen auftreten lassen, obwohl er in
Wirklichkeit ein direkter Beauftragter der anderen Seite ist. Deswegen hat der Richter so entschieden. Die schriftliche Begründung liegt
mir noch nicht vor. Der Richter hat im Verfahren gesagt, der Restaurantleiter wäre glaubwürdig, weil er ziemlich emotionslos und
ruhig geredet hätte. Mir persönlich bleibt jetzt nichts anderes übrig, als die nächste Instanz aufzusuchen. Sobald wir
das Urteil schriftlich haben, werden wir vor dem Landesarbeitsgericht in Revision gehen.
Wie ist es überhaupt zu der Kündigung gekommen?
Am 26.August 1999 bin ich wie immer zur Arbeit gegangen. Der
Restaurantleiter hat bis 20 Uhr gewartet, bis mein Betriebsratskollege gegangen war, und dann versucht, mir ein Schreiben
auszuhändigen. Da ich zu diesem Zeitpunkt keinen Zeugen hatte, also keinen anderen Kollegen vom Betriebsrat, und ich verpflichtet bin,
nicht alleine mit dem Arbeitgeber zu reden, habe ich überlegt, nur das Schreiben anzunehmen und überhaupt nicht mit ihm zu reden.
Trotzdem hat der Geschäftsleiter mir eröffnet, dass er die Absicht hat, mir und allen anderen Kollegen zu kündigen. Diese
Kündigungen seien mehr oder weniger ein Ergebnis davon, dass wir uns organisiert hätten. Er sagte, das sei so, weil ihr Politik
macht, und wenn ihr so weiter macht, werden wir das Restaurant zumachen. Wir werden es zwei Monate zumachen und dann wieder mit neuen
Mitarbeitern aufmachen. Und alle anderen werden wir entlassen. Dann müsste ich, Antonio Bareiro, allen anderen Kollegen
erklären, warum sie arbeitslos geworden sind.
Weil ich sah, dass das eine gefährliche Situation ist, habe ich gesagt,
ich beende das Gespräch, und bin rausgegangen. Danach hat er dann die Behauptung aufgestellt, ich hätte ihm gesagt: "Das
bedeutet Krieg." Er hatte absichtlich gewartet, bis ich allein war und keine Zeugen vom Betriebsrat hatte. Mich verwundert nur, dass es zu
diesem Urteil gekommen ist, weil das jedem Arbeitgeber Tür und Tor öffnet, so zu handeln und Arbeitnehmervertretungen aus dem
Betrieb rauszuschmeißen.
Wie war die Reaktion der Gewerkschaft?
Ich habe viele Solidaritätsschreiben erhalten von Kollegen, von
verschiedenen Betriebsräten. Außerdem kam Unterstützung von verschiedenen Landesbezirken und auch vom Vorstand der
Gewerkschaft NGG. Die Gewerkschaft hat am 12.Oktober einen kleinen Protestmarsch vom Restaurant bis zum Arbeitsgericht organisiert. Da
waren ungefähr hundert Menschen anwesend, auch viele Kollegen aus der Gewerkschaft. Die rufen mich auch an und versuchen, mir Mut
zu machen, dass ich weitermachen soll. Das bekomme ich auch von meinen Kollegen im Betrieb gesagt.
Der Arbeitgeberverband hat meinen Kollegen gesagt, er würde ihnen
alles geben, Nachtzuschlag, Weihnachtsgeld, Lohnerhöhung um 2%, aber mit Barilo müsse eine andere Lösung gefunden
werden. Daraufhin haben meine Kollegen geantwortet, wir wollen diesen Nachtzuschlag nicht, wir wollen das Weihnachtsgeld nicht, wir
wollen, dass Herr Bareiro weiter in diesem Betrieb beschäftigt wird.
Rechnen Sie sich vor dem Landesarbeitsgericht Chancen aus?
Ich kenne zwar die schriftliche Begründung noch nicht, aber so eine
Begründung ist doch recht dürftig. Nur weil der Geschäftsführer emotionslos und gefasst aufgetreten ist, deswegen
habe ich also angeblich eine falsche Aussage gemacht. Das würde bedeuten, dass es ein Leichtes ist, die Arbeitnehmervertreter aus den
Betrieben zu entlassen. Deswegen, denke ich, wird in der nächsten Instanz ein anderes Urteil fallen.
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