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Am 20.10.1999 beschloss der Bundessicherheitsrat, dass das türkische Militär einen sogenannten
"Musterpanzer" des Typs Leopard 2 A5 von Deutschland erhält. Damit bleibt die deutsche Firma Krauss Maffei Wegmann im
Wettbewerb um den lukrativen Großauftrag im Wert von 6 Milliarden Mark, um den sich auch Firmen aus den USA, Frankreich, Italien
und Russland reißen. Der Vorgang erinnert fatal an die Politik der alten Bundesregierung, die mittels Salamitaktik Stück für
Stück die Außenpolitik militarisiert hat.
Der Leopard ist ein Panzer auf dem neusten Stand und insbesondere
für Einsätze im Rahmen der Krisenreaktionskräfte "kampfwertgesteigert" worden. Nach Angaben der
grünen Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter ist die Türkei deshalb an dem Kampfpanzer interessiert, "um seine durch
das Warmsichtgerät hervorragende Eignung in den Bergen gegen die Kurden" zu testen. In der Türkei wird nach wie vor
gefoltert, und es werden systematisch Menschenrechte verletzt. Töten auf Probe, ist das die neue Linie der rot-grünen
Bundesregierung beim Kriegswaffenexport?
Als wenn das noch nicht genug wäre, war der Bundessicherheitsrat
am 20.10.1999 nicht einmal vollständig. Der Finanzminister, der Innenminister und die Justizministerin haben bei dieser wichtigen
Sitzung gefehlt und sich seither nicht inhaltlich zum Kriegswaffenexport geäußert. Zustimmen durch Schweigen. Zugleich lässt
der Innenminister nach wie vor in die Türkei abschieben, zum Teil direkt in folternde Polizeihände.
Über den Weg Frankreich wurde zeitgleich ein Probemuster des
Kampfhubschraubers Tiger an die Türkei geliefert. Der Tiger ist besonders gut geeignet für Flächenbombardements aus dem
Niedrigflug. Als nächstes steht die Entscheidung für eine Lizenzproduktion der Firma Heckler & Koch über eine halbe
Million Gewehre des NATO-Kalibers 5,56 Millimeter an. Alles Waffen, die "ideal" geeignet sind zur Bekämpfung der
kurdischen Zivilbevölkerung und der PKK.
Die heuchlerische Doppelmoral der Bundesregierung beim Thema
Menschenrechte wird am Beispiel Türkei besonders deutlich. Dem NATO-Südflankenstaat Türkei werden
Menschenrechtsverletzungen verziehen, einen anderen Staat (Jugoslawien) hat die NATO mit Begründungen, die auf die Türkei
ebenfalls passen würden, große Teile der Wirtschaftsinfrastruktur zerstört - übrigens unter Beteiligung der
türkischen Luftwaffe. Die angeblichen "Luftschläge für Menschenrechte" gegen Jugoslawien haben sich als Krieg
gegen die Zivilbevölkerung, gegen die Infrastruktur in Jugoslawien und zur Etablierung der "Neuen NATO" erwiesen. Diese
neue Interventions-NATO braucht die Türkei als Südflankenstaat. Deshalb ist der Verzicht auf den Musterpanzer dringend
notwendig, aber nicht ausreichend. Ziel oppositioneller Kritik muss es sein, die NATO und ihre Politik zu thematisieren und anzugreifen.