Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.23 vom 11.11.1999, Seite 8

Roma: Die ewigen Verlierer

Die Roma sind vor etwa tausend Jahren aus Nordindien nach Persien, Kleinasien und in den Kaukasus gezogen. Fest steht, dass es in der zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts Roma in Serbien, Kroatien, Südrumänien und Böhmen gab. Im 15.Jahrhundert verbreiteten sie sich über den Rest Europas, mit den größten Gruppen in Mitteleuropa und auf dem Balkan.
Die Roma wurden mit sehr gemischten Gefühlen empfangen. Die Byzantiner nannten sie "Atsinganoi", die Unberührbaren oder Parias. Manchmal wurden sie mehr oder weniger gastfreundlich empfangen, das andere Mal als "Räuber" oder "Gaukler" verjagt; dies war von Zeit zu Zeit und in den einzelnen Ländern verschieden. Im 18. Jahrhundert wurden Roma in Österreich, Ungarn und Rumänien als Sklaven verkauft, in Rumänien geschah dies noch bis Mitte des 19.Jahrhunderts. Das Ende der Sklaverei führte seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zu großen Migrationen, wodurch die Vorstellung von den Roma als "ewige Landstreicher" entstand.
Der Ursprung dieses Volkes war lange ein Rätsel. Der Gebrauch der Bezeichnung gypsy (englisch), gitan (französisch) usw. beruht auf der früheren Vorstellung, dass sie aus Ägypten gekommen seien. Auch die Roma erfanden Legenden über ihren Ursprung, doch zeigt eine Analyse ihrer Sprache, dass sie aus Nordindien stammen. Die Schätzungen über die Anzahl der Roma in Mittel- und Osteuropa gehen weit auseinander. Offiziell gibt es 2 Millionen, nach anderen Schätzungen sind es 7-8 Millionen.
In den sog. "sozialistischen" Ländern wurden die Roma unterschiedlich behandelt. Es wurden Versuche gemacht, sie zu assimilieren, v.a. mittels der Industrialisierung. Das bedeutendste Resultat war jedoch die Bildung von Ghettos. Nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Regime 1989/90 dienten die Roma verstärkt als Sündenböcke, insbesondere für die stark gestiegene Kriminalität. In Wirklichkeit waren sie die Hauptopfer der Erwerbslosigkeit. Doch dadurch wuchs die Feindseligkeit gegenüber den Roma, die sich kaum dagegen wehren können, noch mehr, da die alten Klanstrukturen ein einheitliches Vorgehen behindern. So gibt es bspw. in Ungarn etwa vierzig Romabewegungen, die nicht immer am selben Strang ziehen.
Nach 1989 ergriffen viele Roma die Chance, Osteuropa zu verlassen. Aber für sie gibt es kein "Israel", wohin sie auswandern können. Vertreter der Roma weisen wiederholt darauf hin, dass die überlebenden Roma niemals eine Entschädigung für die an ihnen während des Zweiten Weltkriegs verübten Verbrechen erhalten haben (über 500.000 Roma wurde von den Nazis ermordet). Aber auch unter den Opfern stehen sie an letzter Stelle.
Nach 1989 zogen wieder Roma nach Westen, nach Frankreich, Belgien oder Deutschland. Hier stießen sie auf eine Wand von Feindseligkeit und völligem Unverständnis. In Deutschland werden sie systematisch von Neonazigruppen angegriffen. Die belgische Regierung führt Deportationen wieder ein und nimmt eine spezifische ethnische Gruppe zur Zielscheibe … zufällig sind das erneut die Roma, auf die man nun wieder Jagd macht.

(Rood)
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