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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.24 vom 25.11.1999, Seite 4

Schuldenfreies Jahrtausend

Südkoordination mit prominenter Besetzung

Wir alle produzieren, um den Lebensstandard im Norden zu bewahren. Sie essen frisches Gemüse, das in unseren Ländern gewachsen ist und täglich zu ihnen geflogen wird, während wir die Reste verzehren, an Hunger und schlechter Ernährung sterben. Wenn wir uns beschweren sagen sie, unsere Regierungen sind korrupt. Doch tatsächlich sind sie die Korrupten. Beispiele von Korruption im Norden sind im Überfluss vorhanden. Ich will euch nicht ermüden, sie alle aufzuzählen.

Bischof Bernadino Mandlate, Vorsitzender des mosambikanischen Kirchenrats, auf dem Jubilee-South-Gipfel am 18.November in Johannesburg

Für ein "schuldenfreies Jahrtausend" trafen sich vom 18. bis 21.11. mehr als 130 Delegierte aus den drei südlichen Kontinenten im südafrikanischen Johannesburg. Die Teilnehmer repräsentierten nationale und regionale Kampagnen der internationalen "Jubilee-2000"-Bewegung, sowie weitere Organisationen und Netzwerke, die das Problem der Verschuldung "von der Wurzel her" angehen wollen.
Anders als die Erlassjahrkampagne, die anlässlich des Kölner G7-Treffens im Frühsommer einen "Erlass der untragbaren Schulden der armen Länder" forderte, betont Jubilee South, das neue Netzwerk innerhalb der internationalen Kampagne, die historische Dimension der Schulden. Sie fordern eine bedinungslose Streichung aller Schulden der südlichen Länder, in denen der Norden ökologische, soziale und moralische Verwüstungen angerichtet habe. Ihr Appell richtet sich auch an die Jubilee-Kampagnen im Norden, sich für eine "totale Streichung der Schulden einzusetzen - nicht als eine Wohlfahrtsmaßnahme oder Kreditnachlass, sondern als elementarer Akt der Gerechtigkeit".
"Wir müssen die Verbindungen zwischen den Jubilee 2000 Bewegungen in Lateinamerika, Afrika und Asien stärken", formulierte der Erzbischof von Kapstadt, Njongonkulu Ndungane, das Ziel der Konferenz. Die Aufgabe der Jubilee-2000-Strukturen sei, die "einfachen Menschen zu mobilisieren und ihnen die Auswirkungen der Auslandsschulden bewusst zu machen". Würde diese Aufgabe verfehlt, könnten wachsende Armut und Leiden wie schon oft in der Vergangenheit zu neuen Bürgerkriegen führen. Die HIPC-Initiative der Weltbank, die eine begrenzte Schuldenreduzierung für wenige Länder vorsieht, lehnt Ndungane ab. "HIPC ist von den Kreditoren entworfen und kontrolliert worden und soll die betroffenen Länder in ‚gute Schuldner‘ verwandeln, sie wieder zahlungsfähig machen."
Jubilee South setzt auf die Mobilisierung der Bevölkerung, um die Regierungen des Südens zu einer Politik zu bewegen, die den Bedürfnissen der Menschen Vorrang gegenüber dem Schuldendienst an Gläubiger aus dem Norden einräumt. Noch seien die "meisten Regierungen und Parteien Teil des Problems und nicht der Lösung", doch Ecuador und Nigeria sind in den Augen Ndunganes erste Hoffnungsschimmer am Horizont. Ecuador hatte wegen einer akuten Finanzkrise Zahlungen an Gläubiger ausgesetzt, und Obassanjo, der Präsident Nigerias, sprach sich in jüngster Zeit mehrmals für eine Schuldenstreichung für Afrika aus.
Hart ins Gericht mit den Erlassjahrkampagnen des Nordens ging der mosambikanische Bischof Mandlate. Sie hätten aus dem biblischen Jubilee-Ansatz ein verkürztes und limitiertes Konzept gemacht, dass sich auf die "unbezahlbaren" Schulden reduziere. "Unser Konzept von Jubilee umfasst im Sinne ökonomischer Gerechtigkeit weit mehr als Schuldenstreichung, nämlich Modelle der Restauration und Reparation", erklärt Mandlate. Er kritisierte auch die mangelnde finanzielle Unterstützung des Gipfeltreffens in Johannesburg. Während im Norden fast wöchentlich Treffen zu Themen finanziert würden, die gerade "modern" seien, so Mandlate, hätten sie kaum finanzielle Mittel erhalten. Folglich betrug die Teilnahmegebühr umgerechnet knapp 300 Mark - für viele der Delegierten ein durchschnittliches Monatseinkommen.
Jubilee South strebt eine Tendenzwende der globalen Wirtschaftspolitik an, denn "selbständige und nachhaltige Ökonomien, die heimische Bedürfnisse an erste Stelle setzen, widersprechen exportorientierten und importabhängigen Wirtschaftsstrukturen". Weiter heißt es im Jubilee-South-Manifest, dass es sich nicht um "eine vorübergehende Kampagne handelt. Jubilee ist der Kampf um unser Leben und die Menschen, nicht einfach ein Gipfel, ein Jahr oder gar ein Jahrtausend".
Gerhard Klas
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