Sozialistische Zeitung |
Der Film handelt von Befreiung, kollektiv und individuell. Da wir uns im tiefsten Süden der USA, in
Alabama, im Jahre 1965 befinden, ist beides nicht so einfach.
Da ist einerseits Lucille. Mehrere Jahre hat sie als ständig
schwangere Hausfrau ihren gewalttätigen Ehemann erduldet und ihm ebenso viele Kinder wie Ehejahre "geschenkt". Jetzt
hält sie es nicht mehr aus, sie bringt ihren Mann um und macht sich auf die Reise quer über den Kontinent zur Westküste, wo
sie in Hollywood Karriere macht. Auf ihrer langen und aufregenden Reise führt sie ein makabres Souvenir mit sich…
Auf dieser Ebene ist der Film ein typisch amerikanisches Road Movie. Es
wird vorgeführt, wie der American way of life positiv funktioniert. Die Befreiung von der Vormundschaft erfolgt individuell, es wird
eine Variante des Themas vom Tellerwäscher zum Millionär geboten, das hier von der unterdrückten Hausfrau zur
erfolgreichen Filmschauspielerin heißen könnte. Dass es hier eine Frau ist, die sich ihren "amerikanischen Traum"
verwirklicht, weist allerdings über das übliche Klischee hinaus.
Der Film hat aber noch eine zweite Ebene. Denn die "heile
Welt" des amerikanischen Südens wird auch in dem Kaff, aus dem Lucille geflohen ist, nachhaltig gestört. Denn gerade als
sie ihre individuelle Freiheitsreise antritt, erreicht die schwarze Bürgerrechtsbewegung auch diesen entlegenen Teil von Alabama. Es
geschehen plötzlich so revolutionäre Dinge wie die Benutzung der öffentlichen Badeanstalt, die bisher Weißen
vorbehalten war, durch Schwarze. Diese Lappalie führt zum Tod eines schwarzen Jungen, zur ersten Demonstration von Schwarzen in
diesem Ort und zum Sturz eines korrupten und rassistischen Sheriffs. Im Zuge dieser kollektiven Freiheitsbewegung erlebt der 14-jährige
Neffe Lucilles, Peejoe, seine persönliche Befreiung durch mutige Teilnahme am Aufbegehren der Schwarzen. Er wird im besten Sinne
des Wortes erwachsen.
Das Regiedebüt des Spaniers Antonio Banderas, der durch die Filme
von Pedro Almodóvar bekannt wurde und der heute Hollywoods führender Latin lover ist, besticht dadurch, dass er es schafft, die
Balance zwischen Tragik und Komik zu halten. Dabei erzählt er eine Geschichte, die absolut parteiisch auf der Seite der
Unterdrückten steht, ohne Moralpredigten zu halten. Die politische Aussage aber ist dürftig: Martin Luther King ist der große
Held und Befreier, das FBI steht vorbehaltlos auf der Seite der Schwarzen gegen den Rassismus in den Südstaaten und was der Klischees
über die 60er Jahre mehr sind.
Aber Banderas wollte wohl auch keinen politischen Film drehen. Er wollte
einen Film über Rebellion und Unangepasstheit machen und darüber wie nahe Lachen und Weinen einander mitunter sind. Als
solcher ist der Film durchaus gelungen und die Leistung der SchauspielerInnen kann mensch durchgehend als hervorragend bezeichnen.
Andreas Bodden
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