Sozialistische Zeitung |
Nachdem die Beweise erdrückend geworden waren, konnte der schwarze Riese Helmut Kohl sich nicht
mehr herausreden und musste zugeben, über eine unbekannte Zahl von "Anderkonten" - natürlich ungewollt -
verfügt zu haben. Jahrzehntelang schuf er mit Geldern, die an der Parteikasse und am offiziellen Haushalt vorbei vergeben und umverteilt
worden waren, ein System persönlicher Abhängigkeiten. Dieses System dienste durch Belohnung von Freundschaftsdiensten und
Bestrafung von aufmüpfigen Handlungen oder Personen dem Machtausbau und der Machtabsicherung der eigenen Person und Entourage;
dadurch schaffte es Kohl, die in den 70er Jahren durch Richtungskämpfe und Spaltungsgefahren (Aktion 4.Partei) angeschlagenen CDU
auf sich und seine Linie zu bringen und während seiner überlangen Kanzlerschaft reale und mögliche Kontrahenten zu
isolieren und auszuschalten. Die Liste der Abgehalfterten ist lang und reicht von Albrecht über Biedenkopf, Heiner Geißler bis
Späth und Rita Süßmuth. Den Flick-Skandal, der große Ähnlichkeiten mit den neuen Skandalen aufweist,
überlebte er politisch nur durch seinen berühmten "Blackout" und mit Hilfe einer Justiz, die ihre Ermittlungen so lange
wie eine heiße Kartoffel behandelte, bis die ganze Chose verjährt war. Diesmal hat er sich zumindest der Untreue schuldig
gemacht, aber ob die Justiz an einem Denkmal rütteln möchte…?
Die neue Affäre begann mit Ermittlungen der Augsburger
Staatsanwaltschaft gegen den bayrischen Waffenschieber Karlheinz Schreiber wegen Steuerhinterziehung beim großen Deal mit Panzern
der Bundeswehr, die 1991 nach Saudi-Arabien geliefert worden waren. Schnell zeigte sich, dass die Verbindungen einerseits in die CSU
(Strauß-Familie, Erich Riedl MdB), andererseits in die CDU (Leisler Kiep, Pfahls) und zur Pullacher Zentrale des
Bundesnachrichtendienstes liefen (denn die meisten, die mit dem Waffendeal zu tun hatten, besaßen offensichtlich beste Beziehungen nach
Pullach). Vielleicht erinnert man sich, dass der smarte norddeutsche Bourgeois Leisler Kiep nach den Bundestagswahlen 1980 in einem
Kabinett Strauß Außenminister werden sollte. Jedenfalls traf er sich 1991 in der Schweiz mit Schreiber, um einen Koffer mit
Banknoten in Höhe von einer Million Mark in Empfang zu nehmen - Schmiergelder aus dem Geschäft mit Saudi-Arabien.
Anscheinend wollte die Partei ihm das Geld für seine nicht unbeträchtlichen Kosten aus dem Flick-Prozess überlassen, doch
in seiner Großmut gab er auch "verdienten Mitarbeitern" etwas ab - und "vergaß", den selbst erhaltenen
Betrag zu versteuern.
Die in den 80er Jahren finanziell klamme CDU scheint sich durch die
genannten Geschäfte und den Anschluss der DDR, der ihr das Vermögen der "Blockflöten-CDU" sowie wohl
auch diverse Millionen aus dem Verkauf der Raffinerie Leuna an den französischen Mineralölkonzern Elf einbrachte, finanziell
saniert zu haben. Der Skandal mit den Anderkonten wird die Partei zwingen, sich schnell von der Ära Kohl zu verabschieden. Da aber
alle heutigen Großkopferten, besonders Parteichef Wolfgang Schäuble, im System Kohl groß geworden sind, steht, wenn sich
die Enthüllungen hinziehen und der Bundestag einige Millionen Gelder der Steuerzahler zurückfordern sollte, das Schicksal der
italienischen Christdemokraten wie ein drohender Schatten hinter der Partei. Die Zukunft der CDU ist ungewisser denn je.
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