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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.25 vom 09.12.1999, Seite 8

Mumia Abu-Jamal

Schuldspruch deutscher Printmedien

Am 13.Oktober 1999 unterschrieb Pennsylvanias republikanischer Gouverneur Thomas Ridge erneut einen Hinrichtungsbefehl für den Journalisten und ehemaligen Black-Panther-Aktivisten Mumia Abu-Jamal. Im August 1995 war Ridges erster Hinrichtungsbefehl zehn Tage vor dem Vollstreckungstermin dank weltweiter Proteste ausgesetzt worden.
Mumia Abu-Jamal wurde 1982 in einem nur 14 Tage dauernden Prozess wegen angeblichen Mordes an dem weißen Polizisten Daniel Faulkner von einer überwiegend weißen Geschworenenjury für schuldig befunden und zum Tode verurteilt.
Das Urteil löste wegen offenkundiger Fehler und Benachteiligungen des Angeklagten im Prozess weltweiten Protest aus. Amnesty International, Juristenvereinigungen, das Europaparlament Schriftsteller, Mediengewerkschaften und tausende Menschen weltweit forden seit Jahren ein neues Verfahren. Bei den Instanzen der Landesgerichtsbarkeit Pennsylvanias hatten die Anwälte Mumias damit keinen Erfolg.
Jetzt versuchen die Anwälte vor dem dem Bundesbezirksgericht ein neues Verfahren durchzusetzen. Am 23.Oktober hob der zuständige Bundesrichter Yohn den Hinrichtungsbefehl auf. Die für Mumia wichtigste Entscheidung des Richters steht aber noch aus und wird erst im Februar/März 2000 fallen: Er entscheidet, ob es eine neue Beweisaufnahme geben soll. Das wäre Mumia Abu-Jamals erste wirkliche Chance seit 1982 die Beweise und Zeugen zu präsentieren, die die voreingenommene Gerichtsbarkeit Pennsylvanias nie anerkannt hat. Es ist aber auch seine letzte Chance. Denn lässt Richter Yohn eine neue Beweisaufnahme nicht zu, entscheidet er und die noch mögliche Folgeinstanz auf der Grundlage der Aktenlage von 1982, die bekanntlich für Mumia sehr ungünstig ist. Gerade deshalb sind jetzt weltweite, öffentliche Aktionen von großer Bedeutung. Das wissen alle.
Doch wie schon 1996, als die Süddeutsche Zeitung die weltweite Mumia-Kampagne als ein Projekt beschrieben hatte, in dem nahmhafte antirassistische "Gut-Menschen" zur Verteidigung eines militanten Killers missbraucht würden, ertönen auch heute wieder ähnliche Stimmen.
Diesmal übernimmt neben der Berliner Zeitung vor allem der linksliberale Freitag diese Aufgabe. Konrad Edge, regelmäßiger Autor des Freitag aus Washington, darf dort unkommentiert und unwidersprochen seine Vermutung ausbreiten, dass Mumia im Sinne der Anklage schuldig ist und von daher das denkbar ungeeigneteste Objekt für eine Kampagne gegen die Todesstrafe sei. Auch der Autor bezeichnet sich als Gegner der Todesstrafe.
Interessant ist, dass er als Quelle für sein Wissen die nach dem verstorbenen Polizisten benannte Internet-Homepage www.daniefaulkner.com angibt. Die Autoren der Homepage wollen anonym bleiben. In einer Art Editorial findet man lediglich die Versicherung, dass sie nur eine "Gruppe von Individuen" seien und nichts mit der rassistischen Polizeivereinigung FOP (Fraternal Order of Police) zu tun haben. Auch sie halten Mumia für schuldig und fordern, "ihn dem Schicksal zu überlassen, zu dem er vor mehr als 16 Jahren verurteilt wurde".
Herzlichen Glückwunsch an den Freitag zu seiner journalistischen Glanzleistung: Seite an Seite mit Befürwortern der Todesstafe gegen selbige vorgehen. Die FOP wird solche Artikel begeistert sammeln und in ihrer Kampagne für die Hinrichtung Mumias verwerten.
Es gibt aber auch erfreulicheres zu berichten. Neben Venedig, Palermo, Norebbo (Dänemark) und Bobigny (Frankreich) könnte Mumia Abu-Jamal demnächst Ehrenbürger von Göttingen werden. SPD, Grüne und Linke Liste/ PDS haben sich im Stadtrat dafür eingesetzt.
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